Rezension von 15 Days

Lange habe ich das neue Projekt von House of Tales erwartet und dann war es endlich da und ich habe gleich gestern los gelegt und heute ist es auch schon vorbei. Blöderweise habe ich mein Wochenende nicht nur mit spielen verbracht und so hat "15 Days" eine ernüchternde Spielzeit von 8-9 Stunden beansprucht! Das ist eindeutig zu wenig - egal wie gut das Spiel ansonsten wäre. Leider bleiben auch darüber hinaus nicht nur positive Eindrücke zurück:

pro:

contra:

Lange habe ich gerade überlegt, ob mir noch weitere positive Punkte einfallen, da ich doch "The Moment of Silence" und "Overclocked" mit jeweils 5 Sternen bedacht hatte, aber leider verhält es sich hier anders. Die Geschichte kann zwar im späteren Verlauf des Spiels unterhalten, aber richtig spannend wird sie trotzdem nie und ist dank der kurzen Spielzeit viel zu schnell vorbei. Die allergrößte Stärke des Spiels liegt in seinen Schauplätzen. Diese haben eine herausragende Grafik und sind äußerst detailliert gestaltet. Jeder Schauplatz ist eine wahre Augenweide. Man hat überall niedliche, kleine Details eingearbeitet, wie das Poster in Mikes Zimmer, das auf "Overclocked" verweist oder das tanzende Huhn auf der Videoleinwand im "Club electronique" in Paris. Sowas ist witzig und lockert das Spiel auf. Auch Dialoge können mitunter unterhalten. Die meisten fügen sich auch nahtlos in die Handlung ein, jedoch nicht immer. Im Museum gibt es einen Fall, als Mike die gerade spielbare Figur Cathryn warnt: "Er ist jetzt rausgekommen." Wer "er" überhaupt ist, muss man sich als Spieler selbst zusammenreimen und auch Cathryn kann es ja gar nicht wissen, wer "er" ist. Manchmal passen auch Kommentare beim Anklicken von Gegenständen nicht zu 100 %, aber der Großteil der Dialoge bringt die Geschichte logisch und unterhaltsam voran.

Da fallen die Charaktere, die nur sehr unschön mit ihrer Umgebung interagieren, schon mehr ins Gewicht. Sehr häufig sitzen die Charaktere bei ihren Dialogen, was ja auch durchaus in Ordnung ist. Aber ihre Hände liegen dabei derart unnatürlich auf den Oberschenkeln auf und bewegen sich mit jeder Atmung des Charakters, dass man lieber den Blick über die wunderschönen Schauplätze schweifen lässt, als weiterhin auf den Charakter zu schauen. Manchmal sind die Charaktere auch nicht richtig auf den Stühlen platziert und ihr Rücken kommt durch die Rückenlehne des Stuhls oder der afrikanische President sitzt nur mit halber Arschb... äh Verzeihung... mit halbem Hinterteil auf seinem Stuhl und noch dazu völlig schief. Das alte Problem aus "Overclocked", dass Charaktere ihre Getränke trinken, ohne jemals das Glas an dem Mund setzen zu müssen, hat man immer noch nicht gelöst. Diese Interaktionsfehler sind wirklich atmosphäreraubend, denn wie kann man den ernsten, durchaus guten Worten des Presidentes lauschen, wenn dieser eigentlich vom Stuhl fallen müsste, so wie er da hängt.

Das alles ist aber nichts im Vergleich mit einem wichtigen Rätseltyp im Spiel: Der Internetsuche. Gerade zu Spielanfang muss man oft ins spielinterne Internet gehen, um nach Bildern, Personen und Orten zu suchen. Doch dieses Internet hätte man sich lieber schenken sollen... Zugegeben: Meist erhält man in den Dialogen vor einer anstehenden Internetsuche den Hinweis, wonach man suchen soll oder bekommt zumindest einen Wink mit dem Zaunpfahl, aber wenn man diesen Dialogen gerade nicht 100%ig gefolgt ist, sei es durch gedankliche Abwesenheit oder private Einflüsse wie Hund, Familie, usw. dann hat man den entsprechenden Suchbegriff verpasst. Man erhält danach keinerlei Hinweis mehr, wonach man suchen soll! Gar keinen! Nichts! Man sitzt da vor der Internetsuche und kann alles eingeben und kommt nicht weiter. Jedes kleine Rätsel kann nach einer kurzen Zeit übersprungen werden, aber nicht die Internetsuche! Als wäre es noch nicht schlimm genug, dass man keine Tipps mehr bekommt, fängt man nun an, im "Internet" zu surfen, ob man nicht doch fündig wird und merkt dabei, dass überhaupt kein Eintrag, auf den man da stößt, Sinn ergibt! Das Internet im Spiel ist eine sinnlose Aneinanderreihung von Satzbausteinen. Lediglich die Einträge, die für das Spiel relevant sind und das sind nicht viele, ergeben einen Sinn. Der Rest ist absoluter Humbug und man kann selbst nach "Blaubeerkuchen" suchen (habe ich probiert) und wird fündig, jedoch in den entsprechenden angeblichen Einträgen steht nur absoluter Quatsch. Da stand in der Spielanleitung tatsächlich sowas wie "wie das echte Internet". Dass das besser geht, haben Entwickler schon mit Spielen wie "Gabriel Knight 3" gezeigt! Wenn man diese überflüssigen Einträge im Internet sieht, zerschlägt das in nur einer Sekunde jegliche Atmosphäre, die das Spiel aufgebaut hat. Wer jetzt noch den Begriff nicht mehr kennt, nachdem er suchen muss, der kommt nicht weiter und kann das Spiel ausmachen, um im Internet nach Hilfe zu fragen - sonst wars das mit Spiel an dieser Stelle. Noch dazu kommt eine ganz fatale Eigenschaft dieses "Internets". Der Suchbegriff muss EXAKT mit der Schreibweise des jeweiligen Eintrags übereinstimmen - sonst wird man nicht fündig und erhält als Ergebnis wieder nur Blech. Nun ist es so, dass man manchmal nach Namen suchen muss, die so undeutlich ausgesprochen werden, dass man nicht weiß, wie sie geschrieben werden. Das Spielen mit Untertiteln ist also bei "15 Days" Pflicht. Mir persönlich rauben Untertitel ein Stück der Atmosphäre und ich spiele immer nur mit Sprachausgabe. Noch dazu haben die Untertitel in diesem Spiele eine dermaßen hässliche und aufdringliche Farbe, dass es gar keinen Spaß mehr macht. Wer nun weiß, nach was er suchen muss und wie es geschrieben wird, ist durch das Gröbste durch, dennoch kommt noch mehr. Wir erhalten an einer Stelle des Spiels den Auftrag nach dem "G8-Gipfel" zu suchen. Nun... ich würde mal sagen: Sucht mal schön. Aber vergesst nicht, es irgendwann mal mit "G8" zu versuchen, bevor ihr entnervt aufgebt.

Jedes Mal, wenn man das Spiel etwas an Tempo gewinnt, grätscht diese dämliche Internetsuche dazwischen und bremst den Spielspaß und wer eben den Begriff vergessen hat, der tritt dann ganz auf der Stelle und zwar für immer. Wer da einen alten Spielstand erneut laden kann, ist ein Glückpilz. Wer ihn schon überschrieben hat... tja, Pech.

Und wenn nicht die Internetsuche ausbremst, dann auf jeden Fall das Labyrinth in den Pariser Katakomben. Es ist schaffbar - auch ohne Lösungshilfe - aber die Handlung wird dadurch empfindlich gebremst und sowieso zählen Labyrinthe ja wohl zu den absoluten No-Gos eines jeden Spieleherstellers. Ebenso sind auch die anderen Rätsel (wie Laserstrahlen einstellen oder Computer hacken) schaffbar, aber wirken ständig wie bremsende Elemente.

Nach Abschluss des Spiels bleibt so viel Frust wegen der Internetsuche, der kurzen Spielzeit, der wenigen Tipps, der nicht richtig aufkommenden Atmosphäre und der neutralen Handlung zurück, dass die tollen Schauplätze und die gute Musik diesen nicht mehr ganz aufwiegen können und letztendlich besteht ein Adventure aus mehr als Schauplätzen und Musik. Die paar Rätsel, die abseits der Internetsuche und des Labyrinthes bleiben, sind in Ordnung, aber bremsen ebenfalls die Handlung und wirken irgendwie völlig künstlich eingebracht. Immerhin sind sie logisch und schaffbar.

Da geht wirklich viel mehr - das hat House of Tales in den vorangegangenen Adventures bewiesen, doch dieses Mal leider nicht.

Rezension geschrieben von Sauron