Die Geschichte der Adventures - Quo vadis?
Aller Anfang ist schwer..
Wir schreiben das Jahr 2000. Das Jahr des Neubeginns, des Millenniums, aber auch des Zurückschauens auf Zurückgelassenes. Grund genug für mich, einmal einen Blick weit in die Vergangenheit zu werfen – den Werdegang des Genres "Abenteuerspiel" nochmal etwas nachzuzeichnen und mit einigen Tränen in den Augen den "großen Klassikern" noch einmal einen Tribut zu zollen.
Wie viele Menschen wissen heute noch, wie wichtig das Adventuregenre für die gesammte Computerspieleindustrie war? Wer kann heute in einer Zeit, in der die "Kiddies" sich mehr über die technische Raffinesse des x-ten 3D-Echtzeitstrategiespiel unterhalten, wer kann sich da überhaupt noch für dieses Urgenre alle Genres interessieren? Antwort: Nur noch ein sehr geringer Prozentsatz aller Spieler. Dabei war das Adventuregenre über Jahre das beliebteste Genre im Computerbereich. Blicken wir noch einmal zurück, ganz weit ins Jahr 1977.
An der Massachusetts Institute of Technology entwickelt Marc Blank (inspiriert vom allerersten Adventurespiel "Advent") für seinen Tandy Rock Shock 1 das Textadventure Zork. Grafiken gab es keine, alle Eingaben wurden per Tastatur gemacht. Der Parser, der die Eingaben, die damals auch noch so komplex sein konnten wie "Nimm das Messer, drehe dich um, mach die Tür auf mit dem Schlüssel, schließe die Tür und wende dann das Messer an dem Brot in der Küche an" entgegennahm, war das große Geheimnis, welches Zork schnell zum Kultspiel machte. Damals war dies noch etwas völlig neues. Schnell erschienen die Nachfolger Zork II und Zork III und Marc Blank gründete zusammen mit Freunden die erste Computerspielefirma für Adventures: Infocom war geboren. Die Adventures, die daraufhin von Infocom produziert wurden, entwickelten sich alle zu Kultspielen. Infocom entwickelte für alle bekannten Pattformen (auch schon PC) mit vielen großen Größen wie den Autoren Steve Meretzky oder Douglas Adams Abenteuerspiele in allen Genrerichtungen.
Jedoch mit dem Aufkommen der Grafikadventures durch die neu entstandenen Spieleschmieden Sierra und Lucasfilm Games (später Lucas Arts) sollte es für Infocom schnell ein jähes Ende nehmen. Zwar versuchte die mittlerweile 100-köpfige Crew noch verzweifelt, einige Spiele mit mehr Grafikelementen zu veröffentlichen, wurde jedoch 1985 dann endgültig von Activision gekauft und verschwand vom Markt. Das Uradventure, der Kultklassiker Zork, jedoch sollte später nochmal ein überraschendes Comeback erleben.
Die in England gegründete Schmiede Magnetic Scrolls führte das Textadventure noch etwas weiter und widmete sich noch etwas mehr dem Grafikbereich als es Infocom bisher getan hatte. Die Firma genoss zwar nicht das Ansehen von Infocom, sollte sich dafür aber noch relativ lange über Wasser halten können. 1991-93 schließlich feierten die Textadventures dieser Firmen in den Lost Files of Infocom-Paketen und der Magnetic Scrolls Collection einen kleines Tributjubiläum. Dies schließlich lies das reine Textadventure-Genre dann auch wirklich schön ausklingen und machte Raum für die neuen Grafikadventures.
Die Geschichte des Königs keimt...
Mitte der 80er Jahre kreierte Roberta Williams für die Schmiede Sierra, die bis dahin fast nur Textadventures produzierte, das Spiel King's Quest, welches sie zu Ruhm und Ehre führen sollte. Das Spiel beinhaltet neben den Parser, der die Eingaben wie bei den Infocom-Games per Tastatur wahrnahm, bereits eine ausgefeilte Grafik (nun ja, für damalige Verhältnisse ausgefeilt), mit der man seine Spielperson in der 3rd Person-Perspektive über den Bildschirm bewegen und die Rätsel in der sagenhaften Fantasywelt von King's Quest lösen konnte. Eine Revolution! Das Spiel war so erfolgreich, dass Williams in den folgenden Jahren zahlreiche Fortsetzungen produzierte.
In der Tat entwickelte sich bei Sierra die Sache von nun an sehr flott. Bereits 1986 erblickte die Weltraumkomödie Space Quest mit Weltraumhausmeister Roger Wilco mit derselben Adventure-Engine das Licht der Welt. Wilco sollte sich bald neben Larry zur Kultfigur im Adventurebereich entwickeln! Wie King's Quest hatte auch Space Quest bereits 16-farbige Grafiken anzubieten und einen mehr oder minder intelligenten Parser.
1987 stieß noch der Musiklehrer Al Lowe zu dem Sierra Team und entwarf, nach Idee des 1981 erschienenen Textadventure Soft Porn das Grafikadventure Leisure Suit Larry, welches vor sexuellen Anspielungen und schönen Frauen (trotz Pixelgrafik) nur so strotzte. Und wie man es von Sierra gewohnt war, entwickelte sich auch dieses Spiel sofort zu einem Hit. Fortsetzungen waren vorprogrammiert! Weitere Spielereihen wie Hero's Quest (Quest for Glory) oder Eco Quest sollten später folgen... Sierra hatte das Adventuregenre entscheidend für sich beeinflusst und wuchs mit einer solchen Geschwindigkeit, dass monatlich immer wieder neue Highlights auf den Markt kamen. Einige davon sind leider auch in dem Rausch von Quest-Adventures untergegangen – so z.B. das hervorragende Gold Rush oder das grafisch sehr aufwendige Manhunter.
Einige Zeit nach Larry 1 wurde die Spielereihe Police Quest gegründet. Schöpfer Jim Walls war selbst einmal "Cop" und ließ seine Erfahrungen in das Spiel mit einfließen. Trotz alledem war die Reihe nur mäßig erfolgreich und entwickelte sich eher langsam voran.
Obwohl der Simon Verlag in seiner Zeitschrift "D.E.R" zahlreiche Sierra-Spiele vorstellte und löste, waren die Spiele hier zu Lande bis Anfang der 90er nur mäßig erfolgreich. Dies mag vor allen Dingen an der fehlenden und später sehr unsauber durchgeführten deutschen Übersetzung liegen.
Ein neuer kommt...
Eine andere Spielefirma, die von George "Star Wars" Lucas gegründet wurde, machte sich hierbei verstärkt den deutschen Markt zu nutze und produzierte seine Adventures auch in Deutsch. LucasFilm Games hieß die Schmiede damals noch und brachte mit Maniac Mansion 1986 für Sierra einen herben Rückschlag ein. Das sogenannte S.C.U.M.M.-System, welches von Chefdesigner Ron Gilbert entwickelt wurde, stellte alles bis daher Dagewesene in den Schatten und sollte alle kommenden Adventures entscheidend beeinflussen. Zum ersten Mal musste man nicht mehr per Tastatur die Befehle eingeben, sondern konnte mit der Maus und einer Verbenliste per Point'n'Klick-Verfahren aktiv am Bildschirm agieren. Das Spieleprinzip war so simpel, dass sich Sierra für eine lange Zeit zurückzog, um mit neuen Spielen und einer besseren Engine später wieder auf den Markt zu kommen. Währenddessen verkaufte sich Maniac Mansion wie das Eis am Meer. Durch die gute deutsche Übersetzung war das Abenteuerspiel auch nicht mehr länger dem deutschen Publikum vorenthalten. Ausserdem war die Grafik extrem detailliert, der Soundtrack war hervorragend und man konnte sogar mehrere Spielfiguren gleichzeitig bedienen. Die Story war schlicht: Ein Komet trifft auf die Erde und verwandelt die Mitbewohner eines Hauses zu einer Art Zombies, als Spieler soll man nun das Rätsel in dem Haus (welches viele Locations aufwies) lösen. Das Spiel fesselte nicht nur ungemein sondern hatte im Gegensatz zu den einfachen Sierra Spielen auch einen moderaten Schwierigkeitsgrad. Später entwickelte LucasFilm dann das Adventure ZakMcKracken, mit noch mehr Locations, einer noch größeren Storyline und einer ungemein großen Anzahl an Kultwitzen (die heute leider keiner mehr kennt).
Mit Loom machten andere Mitarbeiter LucasFilm's einen neuen Versuch und erschafften ein musikalisches Adventure mit völlig neuem Interface, welches erstmals praktisch nur mehr durch Point'n'Click und ohne Verbeingabe bedient werden konnte. Das Spiel wurde wegen einer grausamen Kopfplatz-Szene schnell öffentlich bekannt und zum ersten Mal keimten leichte Anzeichen von Zensurbestimmungen für Computerspiele. Leider war der Erfolg von Loom eher mäßig, was wohl auch an den ungemein kurzen Spielzeit von nur ca 1-2 Tage liegen dürfte. Der Soundtrack von Loom hingegen, welches bereits Unterstützung für Adlib Soundkarten bot, war phänomenal zu dieser Zeit.
Die neuen Referenzen!
Richtig großen Erfolg schließlich feierte LucasFilm mit Indiana Jones and the last Crusade. Dieses Adventure zum gleichnamigen Film war mit verbesserte Mausführung und einen bis dahin nie dagewesenen Einfallsreichtum an Locations und grafischer Umsetzung schnell die Referenz der Adventurespiele, die in Sachen Größe und Gameplay erst mit dem Nachfolger Indiana Jones IV getoppt werden sollte. Ein Jahr später kam noch das Piraten-Adventure Monkey Island auf dem Markt, welches noch einmal mehr spieltechnisch verbessert wurde und einen spannenden und witzigen Plot (wieder von Ron Gilbert) lieferte. In kürzester Zeit wurde, neben Indiana Jones and the last Crusade als Referenz für umfangreiche Spiele, Monkey Island zum Kultspiel der neuen Grafikadventures.
Der Kampf der Giganten
Natürlich schlief auch Sierra nicht. Mit neuem Elan und neuer, vereinfachter Menüführung per Maus kamen zahlreiche neue Adventures der verschiedenen Quest-Serien auf den Markt und schlossen an dem Erfolg der Vorgänger nahtlos an. Desweiteren hatte Sierra die Tochterfirma Dynamex 1990 gegründet, welche als erste mit echten Schauspielern in einem Adventure agierte und mit den Adventures Heart of China und Rise of the Dragon auf sich aufmerksam machte. Die Grafik (teilweise Fotos) war damals der große Clue dieser Adventures, die auch auf deutsch erschienen und hierzulande gut verkauft wurden. Der Schwierigkeitsgrad jedoch war durch die noch einfachere Steuerung durch reines Klicken relativ weit gefallen, was auch einige Kritker dem sonst grafisch und soundtechnisch perfektem Spiel übel ankreideten. Dynamix brachte schliesslich noch das perfekt animierte Comic-Adventure Willy Beamish heraus, bevor sie sich vom Adventuregenre immer mehr verabschiedeten und wieder mehr unter dem Mantel von Sierra zusammenarbeiteten.
LucasFilm schließlich zog nach und brachte in Zukunft alle weiteren Spiele in VGA und mit Soundblasterunterstüzung raus. 1992 war das Jahr der Adventures, in denen LucasFilm, jetzt LucasArts, alles umkrempeln wollte. Mit Monkey Island II und Indiana Jones IV schaffte LucasArts den Durchbruch und führte monatelang in den Spielecharts die ersten Plätze an. Das Adventuregenre hatte seinen Höhepunkt erreicht und war nun endgültig Genre No.1 auf dem Markt. Sierra und LucasArts verbesserten mit zahlreichen grafischen und soundtechnischen Raffinessen ihre Spieleengines immer weiter. So brachte Sierra weiterhin neue Teile seiner Quest-Serien auf den Markt (King's Quest VI, Space Quest V...) und LucasArts produzierte die Gagadventures D.O.T.T. (Day of the Tentacle, die Fortsetzung zu Maniac Mansion) sowie Sam'n'Max.
Die paradiesische Zeit
Doch andere Firmen schliefen nich! Ab 1992 wurde das Adventuregenre zunehemend interessant, da sich mittlerweile viele neue Unternehmen auf dem Markt befanden, die um die Gunst der grösser werdenden Adventuregemeinde boomte!
Der Joker Verlag, sonst bekannt durch die Zeitschriften PC Joker und Amiga Joker, brachte sogar einen dicken Sonderband nur zu diesem Genre heraus, der heute noch in jede gepflegte Sammlung gehört...
Apropos Zeitschriften – lasst uns zusammen mit einigen Ausgaben der wichtigsten Printmags damals, die sich vornehmlich der Adventuregenre widmeten (was man von den heutigen Printmagazinen leider nicht behaupten kann) gemeinsam die Zeit etwas Revue passieren:
Es tummelten sich zu der Zeit (1991-92) ja noch nicht allzuviele Computerzeitschirften auf dem Markt, die sich mit Computerspielen befassten. Neben der bereits exitstierenden Power Play, der ASM, den Joker-Magazinen gründete der Computec Verlag auch die Zeitschrift Play Time, die später von der PC Games abgelöst werden sollte.
Während die Adventureschmiede Cinemaware 1991 gerade eben Pleite gegangen war, versuchte sich Steve Meretzky (gründete die Firma Legend Ent.) mit einer Mischung aus Text- und Grafikadventure in der Reihe Spellcasting zu etablieren und landete einige Erfolge – auch Timequest von Legend kommt gut an.
Auch in Deutschland schlief man nicht. Die deutsche Firma Weltenschmiede aus Südbayern erstellte das Textadventure Das Stundenglas und später die Text-Grafikadventure-Mischungen Hexuma und Die Kathedrale, welches sogar als Roman erschien.
Microprose mischte die Szene mit der Herr der Ringe-Umsetzung Riders of Rohan auf, während Electronic Arts versuchte, mit dem Rollenspiel The Lord of the Rings die Tolkien-Anhänger mehr oder minder erfolgreich zu bedienen. UBI Soft brachte den zweiten Teil zum Scifi-Adventure BAT raus und Coktel, die nachher von Sierra gekauft werden sollten, veröffentlichten Ihren ersten grossen Coup: Gobliins, welcher noch 2 weitere Teile und einen Genreableger (Woodruf) haben sollte. Sierra versuchte sich derzeit etwas mehr am Knobelspiel und versuchte mit der Dr.Brain Reihe den Abenteuerspielern Kniffeleien und Knobeleien nahe zu bringen. Jedoch sollte dies eherwenig vom Erfolg gekrönt sein... die sogenannten "Knobelspiele" werden sich sowieso erst mit Myst und The 7th Guest richtig durchsetzen.
Adventures über Adventures...
Tomahawk / Coktel versucht's mit dem anzüglichen Adventure Fascination und scheitert kläglich, trotz grosser Werbekampagne. Auch der kleinn französische Anbieter Lankhor versucht sein Glück mit Maupiti Island, einem Mystery-Adventure auf einer einsamen Insel – und packt gleich noch digitale Sprachausgabe oben drauf!
Da Sierra etwas die Puste ausgeht, macht der Anbieter, um nicht ganz zu verschwinden, etwas, was auch schon LucasFilm mit Indiana Jones III und Monkey Island vorher gemacht hat: Sie polieren die alten Teile von King's Quest und Space Quest erneut mit VGA-Grafiken und Maussteuerung auf und verkaufen die Teile erneut. Außerdem erscheint der 2. Teil von Legend of the Robin Hood: „Conquest of the Longbow. Roberta Williams bringt eine neue Serie im Agatha Christie-Stil heraus: Laura Bow – eine Fortsetzung.
StarByte hingegen versucht's auf "Klassisch" und bringt mit Soul Crystal ein groß angekündigtes neues Textadventure auf dem Markt, welches sich jedoch wegen der Bilderflut durch LucasFilm, Sierra , Dynamix & Co in dieser Zeit kaum behaupten kann.
Mystery-Games werden "in"
U.S. Gold macht es Lankhor gleich und veröffentlich Cruise for a Corpse (Vorgänger war Operation Stealth) – ein gelungenes Mystery-Game auf einem Kreuzfahrtschiff mit bis dato ungewöhnlich flüssiger Filmsequenzen! Ähnliches Richtung "Räuber & Gendarm"-Spiel versuchte einst Krysalis mit Hill Street Blues oder Brotherbund mit Murder Club. Auch Murders in Venice von Infogrames und Murder! von U.S. Gold sind solche Vertreter. Ein Spiel, welches bereits frühzeitig - nebst Dynamix' Heart of China - mit Schauspielern aggierte, war Access' Tex Murphy-Reihe. Der Teil 1 hieß (nein, nicht etwa Under a killing Moon, sondern) Mean Streets, Teil 2 folgte mit dem kaum erfolgreichen Martian Memorandum. War übrigens wie fast alle Adventures zu der Zeit in der 3rd Person-Perspektive. ICOM Simulation lieferte bereits früher das Krimispiel Deja Vu (Teil 1 und 2) und Infogrames bediente sich mit Murders in Space. Nach Sierra's Fantasy- und Lucasfilm's Gag-Feldzug wird ein neues Adventuregenre geboren!
Neue Genres, neues Glück...
Mit Star Trek - 25th Anniversary wurden die Spieler seit Space Quest nun endlich mal wieder mit einem richtigen SciFi-Adventure bedient. Infoplay's Adventure wurde schnell zum grossen Hit im Frühjahr 92. Desweiteren versuchte Sierra einen Neustart einer Serie mit Eco Quest. Mehr als einen Ableger jedoch hat dieses lehrreiche Umweltadventure trotz für damalige Verhältnisse hervorragende technische Ausführungen nicht geschafft. Auch Psygonsis schlief nicht und produzierte das eher unbekannte Gruseladventure Obitus.
Nachdem die filmartigen Sequenzen von Cruise for a Corpse so gut ankamen, generierte Infogrames ein ähnliches Spiel mit guter Grafik, aber mehr fantasylastiger Story: Enternam. Sierra kam nach Gold Rush mal wieder mit einem Westernadventure daher: Freddy Pharkas – Spieldesigner war Al Lowe. Ein weiteres Umweltadventure wurde mit The lost Secret of the Rainforest – ebenfalls von Sierra produziert. Ein neues Genre, nämlich eine Art Splatter-Horroradventure mit H.R. Giger-Bildern versuchte der junge Anbieter Cyberdreams mit dem gelungenen Dark Seed. Nachdem von LucasFilm nun auch schon längere Zeit nicht's kam, nahm man sich dem Verb-Klick-System an und produzierte das Adventure Lost Files of Sherlock Holmes auf knapp 10 Disketten.
Neue Printmags braucht das Land!
Der grosse Ansturm auf PC Spiele lies die Magazin-Branche aufhorchen. Der Computec Verlag produzierte ab sofort die PC Games – inkl. Diskette (später dann auch noch PC Action). Später sollte sich der Verlag von dem Format Play Time verabschieden. Auch verabschieden musste man sich von der Zeitschrift PC Review, die trotz guten Berichten sich leider nur einige Jahre durchsetzen konnte. Etwas später kamen die Mags PC Spiel (Tronic Verlag) und PC Power auf dem Markt, die sich wie PC Review eingehender mit dem Thema Adventure beschäftigen sollten. PC Power sollte sogar eines der ersten Magazine werden, welches jeden Monat ein Vollversions-Spiel auf CD-ROM mit auf die Zeitschrift packte. Leider hat es weder PC Power noch PC Spiel in unsere heutige Zeit geschafft. Statt dessen geschafft hat es dafür die PC Player, die sich dank guter Redakteure aus verschiedenen anderen Spielzeitschriften (hauptsächlich Power Play), die sich hier zusammenfanden, trotz hohem Preis einen guten Ruf erarbeiten konnte. Mittlerweile ist kaum einer der alte Redakteuere mehr bei PC Player tätig, was man wohl auch von allen anderen Zeitschiften behaupten muss (mit wenigen Ausnahmen). Während die einen starben konnte sich viel später die Zeitschrift Gamestar vom IDG Entertainment Verlag zu einem Magazin mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis emporhechten. Leider beschäftigt sich kaum eine dieser neueren Magazine mehr so eingehend mit Adventures wie einige der "alten Schinken".
Es geht weiter ...
Nochmal zurück zur Vergangenheit!
Ron Gilbert löste sich von Lucasfilm und produzierte zuerst
Edutainment-Spiele, danach Echtzeit-Strategiespiele. Virgin
veröffentlichte von Revolution, die später Baphomet's Fluch
designen sollten, das Spiel Lure of the Temptress, mit guter Grafik
aber etwas wenig Sound. Auch von Virgin kam der Krimi KGB und
die erfolgreiche Fantasyreihe Legend of Kyrandia, die die Zeit bis zu
den CD-ROM Games überdauern konnte. Ocean versuchte es mit dem
Adventuregenre hingegen erst ziemlich spät und eher kläglich: Hook war
die Umsetzung des gleichnahmigen Films von Stephen Spielberg – war aber
nur mäßig erfolgreich. Accolade kam mit der Les Manley-Reihe und
Infocom meldete sich doch glatt mit dem 2. Teil von Leather
Goddesses of Phobos II zurück (zusammen mit Activision). Eher
unbedeutend waren die grafischen Leckerbissen von Software 2000:
Holiday Maker, Stadt der Löwen oder Jonathan waren zwar
grafisch top, inhaltich aber ein Flop.
Der Markt war für's erste Mal gesättigt, und man wusste, dass es so schnell keine neuen Leckerbissen mehr geben würde. Nur LucasArts lieferte mit dem bereits erwähnten Day of the Tentacle und Sam and Max nochmal die Perfektion, was man auf ca 10 Disketten noch packen kann. Sierra machte ebenfalls grosse Fortschritte mit Space Quest V und King's Quest VI. Von Infogrames kam 1993 noch ein bedeutendes Adventurespiel mit Stephen King-ähnlicher Story auf den Markt, welches nachher auch noch in eine CD-ROM-Version verwandelt wurde: Shadow of the Comet. Psygnosis landete mit Discworld einen riesen Erfolg, ebenso wie Infogrames mit seiner Alone in the Dark-Reihe, und Microprose versuchte erstmals erfolgreich sein Glück mit dem SciFi Game Rex Nebular. Aber irgendwie ahnte man schon, dass es Zeit für die neuen Adventuregenres, die nur auf CD verwirklicht werden konnten.
Ära No. 2
Virgin begann alles. Mit 7th Guest wurde das Adventuregenre auf CD-ROM praktisch eingeleitet. Die neuartige VESA-Grafik und flüssigen Renderanimationen waren damals völlig neu. Völlig neu war auch die Tatsache, dass Schauspieler in Filmsequenzen mit Sprachausgabe zu sehen waren. Die Möglichkeiten, die in CD-ROMs steckten, waren schier unbegrenzt und unwerfend für die User. Broderbund legte unmittelbar mit Myst nach, welches sich, aus welchen Gründen auch immer, zu einem der erfolgreichsten Spiele entwickelte. Dabei sind diese beiden Games garnicht mal direkte Adventures. Es ist das, was Sierra bereits 2 Jahre vorher mit der Dr.Brain-Reihe versucht hatte: Es sind Rätselspiele aus der Ich-Persepktive, ohne besondere Story, aber mit vielen mechanischen Rätseln und Denksportaufgaben. Für Adventurespieler eher beängstigend, zu sehen, wie sich das storylastige Genre schnell zum grafischen Knobelableger verwandeln kann. Zwar waren die Spiele durchaus auch unterhaltsam, jedoch waren es eben keine wirklichen Adventures mehr...
Rettung in der Not...
Doch all zu lange brauchten die Freunde des Genres nicht warten, bis sich neben den zahlreichen recht misslungenen Video-Klick-Spielchen auch die "Grossen" wieder zurückmeldeten, um in Zukunft ebenfalls auf CD-ROM zu produzieren. Erst wurden verschiedene LucasArts- und Sierra-Spiele neu auf CD-ROM, mit meist aufgemotzer Grafik und/oder Soundausgabe herausgebracht, später dann wurden die Spiele schon speziell für den Gebrauch auf CD-ROM programmiert. Besonders die Option des interaktiven Spielfilms wurde beliebt: Anstatt der Spielfiguren wurden nun Schauspieler eindigitalisiert und in die Spielumgebung gesetzt. Wo The 7th Guest den Anfang macht, setzten sich interaktive Spielfilme wie Ripper oder der Nachfolger von Virgin's Gruselklassiker The 11th Hour fort. Auch Origin bemerkte, dass Filmesequenzen gut ankommen, und drehten für den 3. Teil von Wing Commander einige Szenen mit herausragenden Schauspielern. Gelegentlich wurden auch wirkliche "Größen" verpflichtet, wie Dennis Hopper in dem Cyberpunk-Thriller Hell von Take2. Auch Phillips versuchte sich in dem neuen Genre und brachte für MAC, PC und CD-I den interaktiven Spielfilm Burn Cycle auf dem Markt, während Sierra bereits erste interaktive Spielfilme aus ihren neuen Studios ankündigte.
Der Konservative...
LucasArts blieb seinen Grafikern treu und verzichtete, trotz Filmbranche im Background, auf zusätzliche Schauspieler im Film. Statt dessen produzierte man die Adventures Full Throttle und The Dig, beide sogar noch in normalem VGA und nicht wie mittlerweile Standard, in SVGA, bevor man sich vom Adventurebereich trennte und mehr Richtung Action abwanderte. Erst viel später wird LucasArts wieder einige Adventures veröffentlichen, ohne aber jemals wieder den "unerreichbaren Status" von einst Maniac Mansion und später Monkey Island oder Indiana Jones zu erhalten.
Der Neue...
Sierra ging schon immer mit der Zeit. "Die Leute möchten Filmsequenzen? - Dann kriegen sie Filmsequenzen!". Somit produzierte Sierra einen Grossteil seiner Adventures mit Schauspieler und einer neuen, Windows-fähigen Gameengine. Somit wurde Gabriel Knight II und Phantasmagoria zu den Vorzeige Horror-Adventures von 1995, denn im Gegensatz zu den meisten anderen "Interaktiven Spielfilmen" hat Sierra es geschafft, die Schauspieler perfekt in die Szene zu integrieren, so dass das alte "Adventure-Flair" weiterhin bestehen bleibt, und nicht durch ein reines anklicken von Entscheidungsmöglichkeiten zerstört wird. Coktel half Sierra mit der Spielfilm-Fortsetzung zu Lost in Time, Lost in Town (Urban Runner) nach! Da immer noch die Renderadventures wie einst Myst oder The 7th Guest "in" waren, produzierte Sierra auch einige Spiele in dieser Richtung, wie z.B. das Game Lighthouse, Rama und der Mystery-1st-Person-Thriller Shivers. Einige Adventures wiederum wurden natürlich weiterhin mit animierten Charaktären gestaltet. So zum Beispiel die ersten reinen CD-ROM Games King’s Quest VII, Torin’s Passage von Al Lowe, Police Quest IV oder Quest for Glory V. Hauptsächlich waren dies Spiele, bei denen man sich Schauspieler als Charakter des Spielers nicht vorstellen konnte, weil sich die "Pixelfiguren" bereits seit Beginn der Serien in die Herzen der Spieler eingenistet haben - hier wären Schauspieler wohl einfach unpassend gewesen. Eine Ausnahme bildet hier nur Gabriel Knight II, der, obwohl der erste Teil noch rein animiert war, im 2. Teil Schauspieler und im späteren 3. Teil auf 3D-Charaktere setzen sollte.
Neues im Kommen... CD-ROM auf dem Siegertreppchen
Besonders verrückt war nun (schon etwas früher) das Comeback des alten Bekannten Infocom. Waren die alten Spiele dieser Firma noch geprägt von sturer Texterei, war das jetzt neu auf CD-ROM erschiene Zork-Spiel doch plötzlich voll von fantastischen Grafiken und Filmsequenzen. Es sollte nicht die einzige CD Adaption von der Zork Geschichte sein.
Unterschiedlich in der Gattung verhielt sich der neue Anbieter Sanctuary Woods, der mit The Riddle of Master Lu ein hochauflösendes 3rd-Person-Adventure mit Schauspielern als Spielfiguren im Indiana Jones-Stil lieferte, welches schnell genug Anerkennung für sich gewinnen konnte. Weitere Spiele aus dem Studio waren das 1st-Person-Spiel The Journeyman Project oder der 3rd-Person-Comic Orion Burger. Auch Discworld II und das schon so lange angekündigte Adventure Toonstruck von Virgin mit Christopher Lloyd als Spielcharakter kamen endlich auf den Markt und erfüllte die Leute in Stauen, was man ausser Renderadventures noch so alles mit CD-ROMs anstellen kann. 1995 war der Höhepunkt der technischen Realisierungen. Was Sierra & Co alles für filmische Raffinessen auf die Beine stellten, um den User mit filmischen Leckerbissen (oder herausragender SuperVGA Grafik) abzufüllen, war für die damalige Verhältnisse im Adventurebereich ein neuer Durchbruch.
Das schnelle Ende kommt bestimmt...
Der Markt wurde noch ein letztes Mal mit neuen grafischen- oder filmischen Adventures überflutet, bis die Adventure-Spiele-Ära 1996 durch den Echtzeit-Strategiespiel-Knüller Command & Conquer abrupt ein Ende gesetzt wurde. Plötzlich verlor das Adventuregenre schlagartig an Reiz und der Markt wurde von nun an kaum mehr mit Adventures versorgt. Sierra fiel in seine chronische Schlafphase um eine neue 3D-Engine für Adventurespiele zu entwickeln, während sich LucasArts bereits vom Abenteuergenre verabschiedet und sich dem 3D-Bereich (Dark Forces etc...) zugewendet hat. Was bisher für die Adventures galt, galt nun für die Echtzeit-Strategiespiele und 3D-Action-Shooter. Nicht umsonst hatte Sierra bereits frühzeitig erkannt, dass sich Filmsequenzen nicht ewig halten werden und sich der Markt soeben ändern - und hat daher versucht, eine 3D-Engine für Abenteurspiele auf die Beine zu stellen, was bereits in den interaktiven Spielfilmen von Access (Tex Murphy, mittlerweile 6 Teile) sehr gut geklappt hat. Allerdings hat sich Sierra damit durchaus auch einige treue Kunden vergrault, die lieber weiterhin in 3rd-Person-Perspektive gespielt hätten. Von nun an wurde es rar für die Freunde der ursprünglichen 3rd-Person-Spiele. Während sich die 3D-Rendering-Adventures aus der Ich-Perspektive noch immer gut halten konnten (Myst hatte wohl viele neue Fans "erzeugt"), wurden neue und hochrangige Adventures mit Spielecharaktäre wie früher immer seltener. Sierra versuchte seine Ruhephase und 3rd-Person-Flaute mit der neuen Zeitschrift Best of Sierra - SierraOriginals zu überbrücken, während einige Klassiker wie Prisoner of Ice oder die alten Lucasfilm-Spiele als Billigversionen auf den Markt kamen. Mit Akte X wurde nochmal ein interaktiver Spielfilm produziert, mit The Last Express erreichte Broderbund 1997 noch einmal, dass sonst steril wirkende Ego-Adventures auch durchaus atmosphärisch und lebhaft sein könnten. Und Sanitarium war ein Action-Adventure, welches sich trotz seiner eher untypischen Elemente zu einem der bedeutendsten Advenutres 1997 machen konnte. Im laufe der Zeit erblickten immer wieder mal neue Abenteuerspiele, sei es im Ego-, 3rd- oder Spielfilm-Bereich das Licht der Welt, wenn freilich auch nicht mehr so massiv wie in den Jahren 1992-95. Trotz alledem konnten sich diese Spiele angesichts der grossen technischen Raffinessen im 3D-Bereich, die immer wichtiger wurden, kaum als Meilensteine behaupten, und wurden fast durchgehend von den 3D- und Strategie-Spielen überdeckt. Lange Zeit schliesslich galt das alte 3rd-Person-Perspektiven Adventure ausgestorben und wurde nur kurzzeitig durch LucasArts leinem Comeback durch Monkey Island III oder Grim Fandango unterbrochen.
Bis...
Naja, schwer zu glauben. Aber kaum schliesst man geistlich die Phase der "guten alten Adventures" ab und akzeptiert die früher noch Spielfilm-, jetzt eher mehr Action-Lastigkeit der neuen, wenn auch vernachlässigten Adventuregeneration, wird einem nun (2000) glatt seit Jahren mal wieder ein 3rd-Person-Adventure präsentiert.
The Longest Journey heißt es.
Sollte glatt wieder eine neue Adventure-Ära nach der langen Durststrecke auf uns warten? Viele neue Adventures sind jetzt geplant. Viele neue Firmen beknennen sich zu diesem "Urgenre".
Wir dürfen also gespannt sein...
Kommentare und Meinungen? Nur her damit: hilarius@gmx.de
© Basti Grünewald
Jeder der möchte, kann diesen Text gerne auf seine Homepage aufnehmen oder in
einem Fanzine oder einem Magazin abdrucken - ich würde mich jedoch über eine
kurze Mitteilung an meine eMail-Adresse freuen! Thanxx..