Kriegstrauma: Wie Menschen mit dem Zweiten Weltkrieg leben
60 Jahre liegt der Zweite Weltkrieg zurück. Täglich präsent sind heute noch die schweren psychischen und seelischen Belastungen für die Kriegsgeneration. Nach jahrzehntelangem Schweigen und Verdrängen kehren die detaillierten Erinnerungen an das Erlittene meist erst im Alter zurück, massiv und quälend – wenn das Berufsleben abgeschlossen ist. So hat auch Heinz Vetter erst, als er 80 wurde, begonnen, von seinen Erlebnissen auf dem Schlachtfeld zu erzählen. Vor allem die Erinnerung an den Tag, als er als 18-Jähriger vor der Entscheidung stand zu töten oder getötet zu werden, lässt ihn nicht los. Jahrzehntelang hat seine Frau zwar gewusst, dass ihn der Krieg nervlich zerrüttet hatte, aber ihr Mann sprach nicht darüber. Ursula Wieneke aus Ostpreußen war kurz vor Kriegsende gerade 20 Jahre alt. Sie hat ihre Heimat verloren. Sie wurde vergewaltigt und nach Sibirien verschleppt. Auch Jahrzehnte nach dem Krieg plagten sie immer noch Albträume. Doch ihr Mann wollte nichts davon wissen und ihre Söhne bis heute nicht. Werner Leuschners Kriegskindheit in Breslau hat sein ganzes Leben bestimmt. An seinem sechsten Geburtstag fiel sein Vater, mit acht wurde er auf dem Land einquartiert. Kurz bevor die Dorfbewohner vor den Russen fliehen wollten, hat er den letzten Zug nach Hause verpasst und musste mit wildfremden Leuten ins Ungewisse fliehen. All das hatte er erfolgreich verdrängt, sich aber zeitlebens über das Gefühl gewundert, nie und nirgendwo angekommen zu sein – das Gefühl der totalen Verlorenheit holt ihn bis heute ein. Jetzt schreibt er alles auf und erzählt manches davon sogar den Enkelkindern. In der Dokumentation reden die Betroffenen erstmals in aller Deutlichkeit über ihre Traumatisierungen und das späte Verarbeiten des Erlebten, das ihr gesamtes Leben und das ihrer Familien geprägt hat. Für die Traumatherapeutin Astrid von Friesen steht fest, dass ohne das Verdrängen die Menschen nach 1945 nicht arbeitsfähig und der Wiederaufbau nicht möglich gewesen wäre.