Franken unter dem Hakenkreuz
Zwischen 1920 und 1933 führten die Nationalsozialisten einen ebenso hartnäckigen wie brutalen Kampf um die Macht in Bayern und im Deutschen Reich. Nach dem missglückten Putsch Hitlers 1923 fiel Franken dabei eine Schlüsselrolle zu. Hier bildeten sich sehr früh schlagkräftige NSDAP-Ortsgruppen. In Mittel- und Oberfranken errang die NSDAP überdurchschnittlich gute Wahlergebnisse. Nach der “Machtergreifung” 1933 ließ Hitler in Nürnberg das gigantische Reichsparteitagsgelände errichten. Im Zweiten Weltkrieg musste Franken einen furchtbaren Blutzoll entrichten: Würzburg, Nürnberg und andere Orte wurden fast vollständig zerstört. Am Main und an der Pegnitz tobten im April 1945 die letzten, militärisch völlig sinnlosen Schlachten auf bayerischem Boden. Bisher unbekanntes Archivmaterial In jahrelangen Recherchen wurden in fränkischen Archiven bisher unbekannte Filme und Fotos zum Nationalsozialismus in Franken entdeckt. Sie bilden auch die Grundlage für die Ausstellung “BilderLast. Franken im Nationalsozialismus” des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, die am 18. April 2008 eröffnet wird. Ebenfalls zum ersten Mal in einer deutschen Fernsehdokumentation sind Filme aus den 20er-, 30er- und 40er-Jahren zu sehen, die der Autor Stefan Meining in den National Archives in Washington, D.C. gefunden hat. In einzigartiger Weise dokumentiert dieses neue Archivmaterial den Aufstieg und Untergang des Nationalsozialismus in Franken. Kronach, Coburg, Hesselberg Filme aus Kronach dokumentieren, wie in erschreckend kurzer Zeit sich eine kleine, vormals katholische Stadt in Oberfranken innerhalb weniger Jahre zu einer Hochburg des Nationalsozialismus wandelte. Der älteste Film stammt aus dem Jahr 1922 und zeigt die alljährlich am Sonntag nach Fronleichnam stattfindende “Schwedenprozession”. Ein anderer Film dokumentiert in einer einmaligen Qualität das Leben in einer fränkischen Kleinstadt im Jahr 1925. Das Chaos der Nachkriegsjahre war damals überwunden. Das Leben schien sich zu normalisieren. Doch Amateurfilme aus den Jahren nach 1933 zeigen, wie sich die Bürger des katholisch geprägten Kronach bereitwillig und in großer Geschlossenheit beim Aufbau des Dritten Reichs engagierten. Marschkolonne reiht sich an Marschkolonne: am Tag der Arbeit 1934, am Tag der Jugend zur Schulentlassungsfeier oder beim letzten Appell am Vorabend der pseudodemokratischen Reichstagswahl vom März 1936. Zum ersten Mal zu sehen ist auch ein Filmdokument aus Coburg. Zur “Schwedenhochzeit” 1932 ist die ganze Stadt auf den Beinen. Die Prinzessin von Sachsen-Coburg vermählt sich mit dem schwedischen Thronfolger. Geradezu symbolisch: Wenige Tage später wird Adolf Hitler zum Ehrenbürger der Stadt Coburg ernannt. Ein anderer Film zeigt die völkische Pilgerfahrt auf den Hesselberg in Mittelfranken Mitte der 30er Jahre. Hier fanden die jährlich abgehaltenen Frankentage statt, die neben den Nürnberger Reichsparteitagen größte NS-Kundgebung in Franken. Mehr als 100.000 Menschen nahmen daran teil, um anschließend den Judenhetzer Julius Streicher begeistert zu feiern. In einem Tondokument fordert der “Frankenführer” Streicher unter dem tosenden Applaus seiner Zuhörer auf dem Hesselberg den Tod der Juden. Der Untergang Filme in hervorragender Qualität und teils in Farbe dokumentieren auch den Untergang des Nationalsozialismus in Franken. Filmdokumente aus Schweinfurt, Würzburg und Nürnberg vom Frühjahr 1945 zeigen den Luftkrieg, den Vormarsch der Amerikaner in Unterfranken sowie in Dinkelsbühl in Mittelfranken. Bilder aus einem amerikanischen Wochenschaubeitrag illustrieren die Wucht der alliierten Luftoffensive “Clarion” vom Februar 1945. Verkehrswege und Bahnhöfe wie in Ansbach, aber auch Industrieanlagen in Nürnberg werden schwer getroffen.