Wie der Krieg nach Westfalen kam: Leben während des 2.Weltkrieges
Als am 1. September 1939, vor 70 Jahren, deutsche Wehrmachtssoldaten in Polen einfallen, haben die meisten Menschen in Westfalen noch keine Ahnung von dem, was in den nächsten sechs Jahren auf sie zukommen wird. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahrzehnte wird Europa in ein Schlachtfeld verwandelt, und es gibt kaum eine Familie im Deutschen Reich, die nicht mit Tod und Leid dafür bezahlen wird. Die persönliche Erinnerung an den Krieg hält sich bis heute. In Ilse, einem kleinen Dorf in Ostwestfalen, bricht Anneliese Limbachs Mutter in Tränen aus, als sie vom Ausbruch des Krieges erfährt. Sie hat im Ersten Weltkrieg ihren Mann verloren. Sie hat die Fratze des Krieges kennen gelernt. Inzwischen ist sie wieder verheiratet. Und jetzt muss sie mit ansehen, wie ihr Sohn sich verabschiedet und an die Front fährt. Das kleine ostwestfälische Dorf, in dem Familie Limbach lebt, besteht aus 25 Höfen. Jeder kennt hier jeden, man teilt Freud und Leid. Und auf allen Höfen verabschieden sich Söhne und Väter an die Front, kämpfen Mütter mit ihrer Sorge um die Jungen, die sie großgezogen haben und jetzt freudig hergeben sollen. 40% der Wehrmachtssoldaten kommen wie die Männer aus Ilse vom Lande. Junge Burschen, die ihr Dorf noch nie verlassen haben, und jetzt in Afrika oder am Ural kämpfen sollen. Manche ziehen euphorisch an die Front, und werden, wenn überhaupt, verletzt an Leib und Seele zurückkehren. Das Leben zuhause auf den Höfen verändert sich; die Männer fehlen im Stall und auf dem Acker. Jetzt kommen Fremde nach Ilse, Zwangsarbeiter aus Frankreich, Polen und Russland. Und als immer öfter das Ruhrgebiet Ziel der alliierten Bomber wird, steht eines Tages eine Flüchtlingsfamilie mit sieben Kindern auf dem Hof der Teikemeyers und soll einquartiert werden. Bei der Ernte müssen alle mit anpacken, Einheimische, Zwangsarbeiter, Flüchtlinge. Wer sein Soll nicht abliefern kann, gilt in den Augen der nationalsozialistischen Ortsgruppenleiter als Saboteur. Die Abgabepläne werden streng kontrolliert: die Landbevölkerung muss das Volk auch im Krieg ernähren.