Das Bernsteinzimmer: Die Jagd nach einer Legende
Das “achte Weltwunder”, einst ein Geschenk des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen, wurde 1941 von deutschen Soldaten aus dem Zarenschloss nach Königsberg verschleppt. Dort verlor sich bei Kriegsende jede Spur des Kunstwerks. Königsberg im Dezember 1945. Die Metropole Ostpreußens liegt in Schutt und Asche. Was die britischen Luftangriffe im August 1944 noch übrig gelassen hatten, fällt dem Sturm der Roten Armee zum Opfer. Hunger und Seuchen wüten in den Trümmern der einstigen Festungsstadt. Es ist daher kein Einzelfall, als Museumsdirektor Alfred Rohde und seine Frau in Anonymität an Hungertyphus sterben. Ein tragisches Schicksal, eines unter Tausenden in jener Zeit. Und doch schießen schon kurz darauf die Gerüchte ins Kraut. Der Mann sei ermordet worden, heißt es; der Arzt, der den Tod bescheinigte, verschwunden. Das auffällige Interesse am Schicksal des Verstorbenen hat einen Grund: Er war der Kurator der Königsberger Kunstschätze und somit der Einzige, der nach Kriegsende die ganze Wahrheit über das Bernsteinzimmer wusste – bis zu seinem mysteriösen Tod. Der Bernsteinkenner hatte von Amts wegen die Obhut über das wertvolle Getäfel, das in Königsberg die vorläufige Endstation einer langen Odyssee erreicht hatte. Vom ersten Preußenkönig Friedrich in Auftrag gegeben, ging die wertvolle Wandvertäfelung 1717 als Geschenk an den russischen Zaren Peter den Großen in die von ihm gegründete, neue Hauptstadt Sankt Petersburg. Dort fand das Bernsteinzimmer nach einigen Stationen ein bleibendes Zuhause im Sommerpalast von Zarskoje Selo vor den Toren der Stadt. Nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion verschleppte die deutsche Wehrmacht das Zarenzimmer 1941 in die ostpreußische Metropole Königsberg. “Heimholung” nannten die Deutschen den Kunstraub beschönigend. Doch der Krieg holte den vermeintlich sicheren Hort 1944 wieder ein. Rohde packte die bernsteinbestückten Eichenplatten in Kisten und verwahrte sie an einem sicheren Ort, wie er beteuerte. Andere vermuten, er habe sie rechtzeitig in den Westen gebracht