Die Deutschländer
Eine steigende Zahl an Türken der dritten und vierten Generation verlässt Deutschland wieder und migriert in die Türkei, vor allem nach Istanbul, Ankara und die Gegend um Antalya. 40.000 Türken aus Deutschland gehen jährlich für immer in die Türkei. In Deutschland haben viele wegen der hohen Arbeitslosigkeit jede Hoffnung auf einen guten Job verloren, in der türkischen Wirtschaftsmetropole Istanbul werden zweisprachige Fachkräfte händeringend gesucht. Der türkische Markt ist jung und flexibel. Das Wirtschaftswachstum beträgt rund 8 Prozent, das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei 27,3 Jahren – und es fehlen qualifizierte Fachkräfte wie Programmierer, Dolmetscher oder Management-Führungskräfte. Wie zum Beispiel Eydem Araz. Die 27-jährige Türkin aus Augsburg fand in Deutschland keine Arbeit. Als sie nach Istanbul ging, hatte sie nach ein paar Tagen einen Job – in einem Call Center der Lufthansa. Menschen wie Eydem sind dort stark gefragt, denn sie finden sich in beiden Kulturen zurecht: der türkischen und der deutschen. Und für die Unternehmen lohnt es sich: Für geringere Lohnkosten als in Deutschland stehen ihnen hier Angestellte mit guten deutschen Sprachkenntnissen zur Verfügung. Auch Özel Aydin, gebürtiger Hamburger, hat es in die Metropole Istanbul gezogen. Kein Wunder, denn die Stadt hat heute alle Vorteile einer europäischen Großstadt und bietet jedem, der Ideen hat, Chancen. In Hamburg bot man dem 36-jährigen Akademiker auf dem Arbeitsamt eine Stelle als Reinigungskraft an – in Istanbul arbeitet er als Europa-Manager in einem internationalen Unternehmen und bringt seine Ausbildung zum Betriebswirtschaftler und die Kenntnis einer anderen Kultur ein. Die ‘Deutschländer’ – so werden die türkischstämmigen Menschen der zweiten, dritten und vierten Generation, die in Deutschland geboren wurden und aufwuchsen, oft bezeichnet: Sie suchen im Land ihrer Vorfahren eine neue Heimat und Zukunftsaussichten, die ihnen mancherorts in Deutschland nicht eingeräumt werden. Doch auch in der Türkei sind sie häufig Fremde in einem Land, das sie nur aus Urlauben kennen und müssen sich an eine andere Kultur gewöhnen. Ihre Eltern gingen nach Deutschland, um dort irgendeine Arbeit zu finden. Sie selbst, die Kinder der Gastarbeiter, kehren in die Türkei zurück und führen das Land mit in die Moderne.