Am Rande des Krieges: Mit der schnellen Eingreiftruppe der Bundeswehr in Afghanistan
Angestrengt blickt Hauptfeldwebel Uwe S. aus dem Führerstand seines gepanzerten Dingos. Links neben ihm, nur eine Handbreit entfernt, der Abgrund, rechts zum Greifen nah die steile Felswand. Die geschotterte Passstraße ist kaum breiter als die Fahrzeuge des Konvois. Nur im Schneckentempo geht es jetzt weiter. Die gesamte Kompanie ist in höchster Anspannung. Nicht nur wegen des drohenden Absturzes. Sondern auch, weil die Einheit jetzt ein leichtes Ziel wäre für Anschläge der Taliban, die irgendwo hier vermutet werden. Die Deutschen müssen möglichst schnell diese gefährliche Passage hinter sich lassen. Vor sechs Stunden sind sie im Lager Kunduz aufgebrochen – bis zum Abend spätestens werden sie im Bundeswehrstützpunkt Faisabat im Norden erwartet. Die afghanische Polizei hat sie angefordert. Die Bundeswehrsoldaten aus verschiedenen deutschen Standorten sollen die Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahlen 2009 absichern. Denn wenn sich afghanische Männer und Frauen in Wahllisten eintragen, ist ein terroristischer Anschlag durchaus wahrscheinlich. Und genau in solchen gefährlichen Situationen kommt seit Sommer 2008 immer öfter die Bundeswehr zum Einsatz. Seither stellen die Deutschen nämlich die Quick-Reaction-Force (QRF) – die schnelle Eingreiftuppe für Krisensituationen jeder Art. Die Entsendung dieser Truppe war in Deutschland politisch umstritten. Denn ihre Aufgaben schließen den bewaffneten Kampf ausdrücklich ein. Doch seit immer öfter die Bundeswehr auch im einst eher friedlichen Norden Afghanistans zum Ziel von Anschlägen wird, sinkt bei deutschen Politikern und Bürgern die Zustimmung für diesen Einsatz. Die Nachrichten von gefallenen und verwundeten Soldaten machen in Deutschland unmissverständlich klar: Vorbei sind die Zeiten, in denen die Bundeswehr als Aufbau- und Entwicklungshelfer am Hindukusch willkommen war. ARD-Autor Günther Henel hat seit Jahren immer wieder über die verschiedenen Einsätze der Bundeswehr in Afghanistan berichtet. Ihm gelang es nun erstmals, die Quick-Reaction-Force über einige Tage bei Übungen und Einsatz zu begleiten. Eine spannende und aufschlussreiche Reportage über die Realität des deutschen Engagements in Afghanistan.